Ist bei getrennten Eltern die alternierende Obhut für die gemeinsamen Kinder die Regel?
Den Medien konnte man in der Vergangenheit verschiedentlich entnehmen, dass das Bundesgericht bei getrennt lebenden Eltern die alternierende (gemeinsame) Obhut für die gemeinsamen Kinder praktisch zum Regelfall erklärt habe.
Wenn Eheleute sich trennen: Das Eheschutzverfahren
Neben der persönlichen Auseinandersetzung zwischen den Eheleuten stellen sich bei der Trennung in der Regel auch Fragen, die einen rechtlichen Hintergrund haben:
- Übernimmt ein Elternteil die alleinige Obhut für die Kinder oder üben die Eltern die Obhut alternierend aus?
- Wie wird die Betreuung der Kinder zeitlich aufgeteilt?
- Wer darf in der bisher gemeinsamen ehelichen Wohnung bleiben?
- Benötigt ein Ehegatte vom anderen für die Zeit der Trennung finanzielle Unterstützung für sich und/oder die Kinder (Unterhaltsbeiträge)?
Welche Arten von familienrechtlichem Unterhalt gibt es?
Der Unterhalt deckt grundlegende, existentielle Bedürfnisse des Menschen ab. Man spricht auch von seinem Bedarf. Es geht zunächst um elementare körperliche Bedürfnisse wie Kleidung, Essen, Wohnung, Gesundheit, Körperpflege usw., aber auch um psychisch-geistige oder kulturelle Bedürfnisse, Aus- und Weiterbildung, Unterhaltung sowie sportliche Aktivitäten und Ferien. Eine Unterhaltspflicht kann nur innerhalb der Familie bestehen. Innerhalb eines Konkubinats z.B. haben die Lebenspartner von Gesetzes wegen keine gegenseitigen Unterhaltspflichten.
Unterhaltsberechnung: Die zweistufige Methode
Wie bereits in einem früheren Beitrag ausgeführt (vgl. Infoseite vom 14. März 2021), erklärte das Bundesgericht kürzlich die so genannte "zweistufige Methode mit Überschussverteilung" oder auch "zweistufig-konkrete Methode" zur Standard-Methode für die Berechnung des familienrechtlichen Unterhalts. Mit dieser Methode ist nun grundsätzlich der Barunterhalt für Kinder und der Unterhalt für den Ehegatten zu berechnen. Eine abweichende Unterhaltsmethode kann nur in besonderen Fällen angewendet werden. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn der Unterhalt vor dem Hintergrund ausserordentlich guter finanzieller Verhältnisse der unterhaltsverpflichten Person bzw. der Familie zu bemessen ist.
Wie funktioniert nun diese "zweistufige Methode"?
Darf mein Ex-Partner ohne meine Zustimmung mit den Kindern ins Ausland in die Ferien?
Wenn Eltern nicht zusammenleben, werden die Betreuungszeiten der Kinder, inkl. Ferien- und Feiertage, in der Regel in einer Elternvereinbarung (bei unverheirateten Eltern), einer aussergerichtlichen Getrenntlebensvereinbarung, einem Eheschutz- oder Scheidungsurteil verbindlich festgelegt. Es kann aber auch nur eine mündliche Abmachung oder ein bisher stillschweigend gelebter Betreuungsrhythmus vorliegen.
Das Bundesgericht vereinheitlicht die Berechnung des familienrechtlichen Unterhalts
Lange überliess das Bundesgericht die konkrete Berechnung des Unterhalts für Kinder und Ehegatten den kantonalen Gerichten . Es griff nur dann ein, wenn die Berechnung die vom Bundesrecht vorgeschriebene Ermessensausübung verletzte. Dementsprechend existierten in der kantonalen Rechtsprechung verschiedene Methoden, die zu unterschiedlichen Ergebnissen je nach Kanton trotz vergleichbaren Verhältnissen führten. Daneben entwickelte z.B. das Zürcher Amt für Jugend- und Berufsberatung (AJB) eine Berechnungsmethode, die von Kindesschutzbehörden (KESB) und sonstigen mit Familienrecht befassten Fachstellen angewendet wurde.
Das Bundesgericht gibt die „45er Regel“ beim nachehelichen Unterhalt formell auf
Gemäss diesem noch aus dem früheren Scheidungsrecht stammenden Grundsatz galt bei langjährigen, lebensprägenden Ehen die Vermutung, dass einem Ehegatten, der während der Ehe nicht erwerbstätig gewesen war, ein (Wieder-)einstieg ins Erwerbsleben nicht mehr zumutbar war, wenn er bei der Trennung der Ehegatten das 45. Altersjahr vollendet hatte. Dies hatte zur Konsequenz, dass der andere Ehegatte, in der Regel der Ehemann, für den Unterhalt des nicht erwerbstätig gewesenen Ehegatten, in der Regel die Ehefrau, nach der Scheidung aufzukommen hatte und zwar bis zur Pensionierung, zum Teil darüber hinaus. Die Altersschwelle von 45 Jahren wurde mit der Zeit in der kantonalen Gerichtspraxis bis zum Alter 50 ausgedehnt.
Das Bundesgericht interveniert beim Kindesunterhalt
Das Bundesgericht hat im Rahmen eines Urteils vom 11. November 2020 (5A_311/2019) den so genannten "Methodenpluralismus" bei der Berechnung des Kindesunterhalts (Barunterhalt) verworfen und die Berechnung vereinheitlicht. Ob auch die Berechnung des Ehegattenunterhalts vereinheitlicht wird, ist derzeit noch offen, darf aber vermutet werden.
Scheidungsrecht: Bundesgericht hebt "10/16-Regel" auf – Hauptbetreuender Elternteil muss früher eine Erwerbstätigkeit aufnehmen
Die so genannte «10/16»-Regel bedeutet im Zusammenhang mit der Berechnung des Ehegatten-Unterhalts, dass für den hauptbetreuenden Elternteil der Einstieg ins Berufsleben (zu einem teilzeitlichen Erwerbspensum von maximal 50%) erst dann als zumutbar angesehen wird, wenn das jüngste Kind das 10. Altersjahr vollendet hat. Erst bei Vollendung des 16. Altersjahr wird für diesen Elternteil ein volles Erwerbspensum als zumutbar angesehen.
Wann, wo und wie kann ich die Scheidung einreichen?
Um geschieden zu werden, bleibt einem der Gang zum Gericht nicht erspart. Es gibt in der Schweiz keine aussergerichtliche Scheidung.
Leben die Ehegatten bereits zwei Jahre getrennt, kann jeder Ehegatte ohne Einverständnis des anderen die Scheidung einreichen, vorher in aller Regel nicht. Man spricht dann von einer Scheidung auf Klage. Sind sich die Eheleute über die Scheidung einig, kann sie jederzeit eingereicht werden, selbst dann, wenn man noch zusammenlebt. Man spricht dann von einer Scheidung auf gemeinsames Begehren.
Zuständig ist das Gericht am Wohnsitz eines der beiden Ehegatten. Haben die Eheleute zwei verschiedene Wohnsitze, kann man zwischen zwei Gerichten wählen. Immer handelt es sich um die unterste kantonale Gerichtsinstanz. Je nach Kanton heissen die Gerichte aber anders (klicken Sie auf das Kürzel des jeweiligen Kantons und Sie gelangen zur Webseite der entsprechenden kantonalen Gerichte):Betreuungsunterhalt
Am 1. Januar 2017 trat das revidierte Kindesunterhaltsrecht in Kraft. Gemäss revidiertem Gesetzestext dient der Unterhalt auch der Gewährleistung der Betreuung des Kindes durch Eltern oder Dritte (Art. 285 Abs. 2 ZGB). In diesem Zusammenhang wurde der Begriff des «Betreuungsunterhalts» geprägt. In seinem Urteil vom 17. Mai 2018 (5A_454/2017, zur Publikation vorgesehen) äussert sich das Bundesgericht erstmals eingehend zu diesem Begriff.
Scheidung und Erbrecht
Stirbt ein Ehegatte, so ist der andere Ehegatte von Gesetzes wegen dessen Erbe. Der überlebende Ehegatte wird vom Gesetz gegenüber den anderen Erben privilegiert behandelt. Erbt der Ehegatte neben Nachkommen, so erhält er die Hälfte des Nachlasses. Erbt er neben den Erben des elterlichen Stammes des Verstorbenen, erhält er 3/4 des Nachlasses. Sind weder Nachkommen noch Erben des elterlichen Stammes des verstorbenen Ehegatten vorhanden, erhält er die ganze Erbschaft. Selbst wenn er vom verstorbenen Ehegatten auf den Pflichtteil gesetzt wurde, hat er immer noch Anspruch auf die Hälfte seines gesetzlichen Erbanspruchs (d.h. z.B. neben den Nachkommen auf einen Viertel des Nachlasses).
Scheidung und Altersvorsorge
Der Altersvorsorge der Ehegatten wird bei der Scheidung in verschiedener Hinsicht Rechnung getragen. Im Folgenden wird auf vier Punkte eingegangen:
- "AHV-Splitting" (Einkommensteilung bei Scheidung)
- Vorsorgeausgleich nach BVG
- Vorsorgeunterhalt
- Güterrechtliche AuseinandersetzungUnerlaubter Wegzug eines Elternteils mit den Kindern bei Trennung oder Scheidung
Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und will ein Elternteil den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so bedarf dies gemäss gesetzlicher Regelung der Zustimmung des anderen Elternteils oder der Entscheidung des Gerichts bzw. der Kindesschutzbehörde, sofern der Wechsel des Aufenthaltsortes erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge und den persönlichen Verkehr durch den anderen Elternteil hat (so Art. 301a Abs. 2 lit. b ZGB). Dies gilt für Wechsel des Aufenthaltsortes innerhalb der Schweiz. Im Urteil vom 6. November 2017 (5A_47/2017; zur Publikation vorgesehen) hatte das Bundesgericht darüber zu befinden, was die Konsequenzen sind, wenn ein Elternteil gegen diese Regel verstösst.
Einstieg in den Beruf nach der Scheidung
Ein Ehegatte kann dann nachehelich zu Unterhaltszahlungen an den anderen Ehegatten verpflichtet werden, wenn es diesem nicht möglich oder zumutbar ist, nach der Scheidung für seinen Unterhalt selber aufzukommen. Ein zentrales Kriterium ist dabei, ob die Ehe lebensprägend war. Dies ist der Fall, wenn aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind und/oder die Ehe länger als zehn Jahre gedauert hat.
Verlangt ein Ehegatte im Scheidungsverfahren Unterhalt, so prüft das Gericht u.a., ob dieser Ehegatte nachehelich nicht selbst genügend Einkommen erzielen kann, um die eigenen Lebenshaltungskosten zu decken.
Hat dieser Ehegatte – in der Praxis nach wie vor meist die Ehefrau – während der Ehe nicht oder nur zeitweise gearbeitet, weil sie die Kinder betreut und den Haushalt geführt hat, ist die Frage zu beantworten, ab wann sie nach der Scheidung zu arbeiten beginnen oder ihre Teilzeitarbeit aufstocken muss.Vorsorgeausgleich bei Scheidung
Werden Ehegatten geschieden, müssen die von ihnen während der Ehe angesparten Guthaben, die so genannten "Austrittsleistungen" der beruflichen Vorsorge (Pensionskasse) gegenseitig ausgeglichen werden. Jeder Ehegatte hat Anspruch auf die Hälfte des Guthabens des anderen. Die Bestimmungen dieses "Vorsorgeausgleichs" wurden revidiert. Die Revision ist am 1. Januar 2017 in Kraft getreten. Worum geht es genau?
Neues Kindesunterhaltsrecht (seit 1. Januar 2017)
Neue Bestimmungen zum Kindesunterhalt sind am 1. Januar 2017 in Kraft getreten. Nach geltender Rechtslage kann ein unverheirateter Elternteil, der das Kind überwiegend betreut – in der Regel die Mutter – keine finanzielle Unterstützung vom anderen Elternteil verlangen, um den eigenen Einkommensverlust auszugleichen, der durch die Betreuung des Kindes verursacht wird. Zwischen verheirateten Eltern besteht hingegen eine solche Unterstützungspflicht.
Alternierende Obhut: Salomonische Lösung?
Mit Einführung der gemeinsamen elterlichen Sorge als Regelfall nach der Scheidung und für unverheiratete Paare erfolgte per 1. Juli 2014 sozusagen eine Initialzündung, was das Bemühen um Gleichbehandlung der Eltern im Verhältnis zu ihren gemeinsamen Kindern anbetrifft. Eltern sollen für ihre Kinder in gleichem Masse Verantwortung tragen (dürfen). Keinen direkten Zusammenhang hat die elterliche Sorge allerdings mit dem Umfang der Betreuung der gemeinsamen Kinder. Die gemeinsame elterliche Sorge bedeutet deshalb keineswegs, dass die Eltern ein gemeinsames Kind gleich oft betreuen.
Nach Trennung oder Scheidung: Wegzug mit dem Kind ins Ausland?
Eltern mit gemeinsamer elterlicher Sorge bestimmen gemeinsam den Aufenthaltsort des Kindes (Art. 301a Abs. 1 ZGB). Dabei spielt keine Rolle, ob die Eltern zusammen oder getrennt leben, verheiratet oder geschieden sind, oder gar nie miteinander verheiratet waren. Will ein Elternteil den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so bedarf es der Zustimmung des anderen Elternteils, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: