Der Altersvorsorge der Ehegatten wird bei der Scheidung in verschiedener Hinsicht Rechnung getragen. Im Folgenden wird auf vier Punkte eingegangen:
- "AHV-Splitting" (Einkommensteilung bei Scheidung)
- Vorsorgeausgleich nach BVG
- Vorsorgeunterhalt
- Güterrechtliche Auseinandersetzung
Mit der Scheidung wird das so genannte «AHV-Splitting» vorgenommen. Die während der Ehe erzielten Einkommen, die für die Berechnung der Höhe der AHV- oder die IV-Rente wichtig sind, werden auf beide Ehegatten hälftig aufgeteilt und ihrem individuellen Konto (IK) gutgeschrieben. Es handelt sich ausschliesslich um einen rechnerischen Vorgang. Die Ehegatten werden bezüglich Berechnung der AHV-Rente so gestellt, als hätten sie während der Ehe beide gleich viel verdient. Auf das Splitting kann kein Einfluss genommen werden. Es empfiehlt sich, das Splitting umgehend nach der Scheidung bei der zuständigen Ausgleichskasse zu beantragen, um spätere Verzögerungen bei der Rentenauszahlung zu vermeiden. Im Scheidungsurteil wird hierzu nichts geregelt.
Die hälftige Teilung des während der Ehe aufgebauten Kapitals der Ehegatten bei der beruflichen Vorsorge (Austritts- oder Freizügigkeitsleistung) wird vom Scheidungsgericht angeordnet (Vorsorgeausgleich). Ähnlich wie beim «AHV-Splitting» sollen die Ehegatten gleichgestellt werden, soweit es um die während der Ehe erworbenen Ansprüche gegenüber Pensionskassen bzw. Freizügigkeitseinrichtungen geht. Verfügt die Ehefrau z.B. über ein Kapital von CHF 200'000.00 und der Ehemann über ein Kapital von CHF 100'000.00, so hat ihm die Ehefrau einen Betrag von CHF 50'000.00 zu überweisen. Im Ergebnis verfügen beide Ehegatten über ein Kapital von CHF 150'000.00. Zu beachten ist, dass seit 1. Januar 2017 nicht mehr das Kapital der Ehegatten bei Abschluss der Scheidung, sondern im Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsbegehrens beim Gericht geteilt wird. Im Unterschied zum AHV-Splitting ist bei der beruflichen Vorsorge auch eine nicht hälftige Aufteilung denkbar. Es handelt sich aber um Sonderfälle.
Sodann gibt es die Möglichkeit, dass das Gericht in der Scheidung einem Ehegatten so genannten «Vorsorgeunterhalt» zuspricht. Im Unterschied zum normalen (Verbrauchs-)Unterhalt deckt diese Form nicht die laufenden Lebenshaltungskosten eines Ehegatten, sondern soll ihm helfen, sich eine gebührende Altersvorsorge aufzubauen, d.h. bis zur Pensionierung entsprechende Ersparnisse zu bilden oder sich bei seiner Pensionskasse einzukaufen (falls vorhanden). Der Vorsorgeunterhalt erhält v.a. dann Bedeutung, wenn ein Ehegatte z.B. infolge Kinderbetreuung nach der Scheidung nicht arbeiten bzw. kein 100%-iges Arbeitspensum leisten kann und deshalb für ihn keine bzw. keine vollumfänglichen Beiträge an die berufliche Vorsorge (BVG) bezahlt werden. Diese Lücke soll durch den Vorsorgeunterhalt kompensiert werden.
Schliesslich kann auch die güterrechtliche Auseinandersetzung für die Altersvorsorge eine Rolle spielen. Stehen die Ehegatten nicht unter dem Güterstand der Gütertrennung, dann wird in der Scheidung das eheliche Vermögen auf beide Ehegatten aufgeteilt. Dieser Vorgang kann dazu führen, dass der bisher wirtschaftlich schwächere Ehegatte nach der Scheidung neu über eigenes Vermögen verfügt, das bisher dem anderen Ehegatten als Inhaber zustand. Zudem sind auch Guthaben der Säule 3a oder Lebensversicherungen mit einem Rückkaufswert, die (im weiteren Sinne) Altersvorsorge darstellen, güterrechtliche Positionen und werden bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung berücksichtigt. Auch dieses Vermögen kann für die Altersvorsorge eingesetzt werden.
Rechtsanwalt lic. iur. Manuel Duss, Fachanwalt SAV Familienrecht, Zürich